Schleswig den 26 September
1867
Mein Lieber Bruder Julius!
So habe ich
denn die Feder ergriffen, um an dich lieber Bruder (den wir alle nicht mehr am
Leben glaubten) den ersten Gruß abzusenden, und wünsche ich, daß das Vaterauge
im Himmel, diesen Brief, so wie uns alle beschützen möge so wie er bisher
gethan. Dein Schreiben hat useren alten Vater leider nicht mehr am Leben getroffen,
denn er ruht schon seit 7 ½ Jahren im Grabe.
Foto de Julius Georg Schnack e sua esposa Susana Carlota Köhnlein.
Ich werde dir unsere Schicksale,
von deiner Abreise an treu mittheilen. Wenn ich nicht irre, so hast du uns im
April 1851 verlassen, wir waren ja damals in der T[ilegível]straße, zogen aber
den 1 Mai 1851 nach Rabenholz. Mittlerweile erbte Vater nach seiner Schwester
800 [ilegível] und kaufte dafür einen kleinen Landbesitz auf H[ilegível] 10
Haidscheffel groß, und wir bezogen deselben den 1 November 1852. Hier
verheirathete Vater sich mit einer Wittwe R[ilegível] die zu deiner Zeit in der
Wa[ilegível]straβe gewohnt hat. Hier hat Vater dann ruhig und
zufrieden seine Tage verlebt, biß am 6ten Februar 1860 der Todesengel
anklopfte, und ihn von uns fortnahm, in die Hütten des Friedens. Er war gesund
und rüstig bis an sein Krankenbett, denn noch jede Woche ging er mit einer
Portion Körbe nach Cappeln. Sein Krankenlager war kurz nur reichlich 14 Tage.
Er litt an Unterleibsbeschwerden, auch sein Ende war ein ruhiges Hinscheiden,
er verschied während ich an seinem Bette stand. Der gute Vater hätte er jetzt
noch gelebt, nur Freude zu haben, daß sein Julius noch lebte, oft noch sagte er
„mein Julius seufzt unter dem Silo[ilegível] Allein mein lieber Bruder ich will
dir nicht dein Herz schwer machen, denn wir haben die Verheißung, selig sind
die Todten die in den Herren starben und auch Vater hat sein Seele mit Gebet
dem Herrn empfohlen; dieß ist dann das was ich dir von unserm alten Vater
mittheilen kann, und jetzt will ich dann dir mittheilen wie es einen jeden
unser Geschwister ergangen ist. Ich will mit Heinrich den Anfang machen; Er
wohnte ja bei L[ilegível] mühle, und nachdem seine Frau gestorben,
verheirathete er sich mit seiner Frauenschwester. Nachdem auch diese gestorben
verheirathete er sich abermals. Er ist aber jetzt vor ohngefähr [vor] einem
Jahre gestorben nachdem er beinahe ein Jahr kränklich gewesen. Seine Kinder
sind, (2 ausgenommen) alle in Californien. Uebrigens hat Heinrich sein gutes
Auskommen gehabt. Sophia wohnte, wenn ich nicht irre damals bei Schörderup. Einige
Jahre nach deiner Abreise starb ihr Mann an der Schwindsucht, und nachdem sie mehrere
Jahre Wittwe gewesen, verheirathete sie sich mit ihren Schager Hans Henningsen.
Jetzt wohnen sie bei Kappelheck und haben daselbst einen kleinen Besitz mit 2
Kühen Sie leben in sorgenfreien Umständen ihre jüngste Tochter ist so alt, daß
sie künftiges Frühjahr confirmirt wird, noch füge ich hinzu, daß sie sich
diesen Sommer ein neues Haus erbaut haben. Fritz wohnt in Brunsbüll und hat
daselbst ein Haus nebst Garten als Eigenthum. 2 seiner Kinder sind erwachsen,
und 3 sind noch zu Hause, wovon die älteste nächstes Frühjahr confirmirt wird. Er
ernährt seine Familie ordentlich und gut, durch Ankauf von Korn und Speck,
welches er für größere Handlungshäuser in Flensburg ankauft. Unsere Schwester
Caroline, damals in Schleswig wurde verlobt mit einem Soldaten, gebürtig aus Mannheim.
Names Friedrich Krambs. Sie reisten als Verlobte von hier, verheiratheten sich
in Hamburg, und reisen nach Amerika. Daselbst haben sie in der Stadt Davenport
gewohnt. Vor einigen Jahren sind sie aber nach St Francisco in Californien
gewandert. Sie haben ihr reichliches Auskommen, und leben recht glücklich, ihre
Ehe ist bis jetzt noch nicht durch Kinder gesegnet. Jetzt kommt die Reihe an
Schwester Christina. Sie lernte in ihrem Jungfernstande das Nähen, und wohnte sodann
mehrere Jahre in Gulde, und verheirathete sich den 21 December 1861 mit einen
ordentlichen jungen Menschen Namens Peter Rave. Jetzt habe sie sich in der Nähe
von Sterup einen Landbesitz zu 2 Kühe gekauft, und es geht ihnen recht wohl,
denn sie Beide mögen gerne arbeiten. Ihre Ehe ist mit 2 Kindern gesegnet das
älteste ein Mädchen, das jüngste ein Knabe. Eltern und Kinder sind gesund, und
wenn ich Sie einmal besuche dann kommen die Kleinen mir entgegen und nehmen
mich mit Jubel in Empfang. Hans wurde im Frühjahr 1852 confirmirt, und lernte
sodann in Flensburg das Schuhmacherhandwerk. Nachdem er seine Lehrjahre
überstanden, hat er Dänemark bereist, mehrere Jahre ist er dort gewesen kam
alsdann wieder nach Flensburg, und arbeitete dort auch mehrere Jahre, bis er
vor 2 Jahre sich verheirathete, und Meister ward. Er wohnt jetzt in Flensburg,
und hat noch immer so viel Arbeit gehabt als er selbst fertig bringen kann.
Seine Frau ist von Stangheck bei Rundhof. Ihr Vater war Schneider. Blohm ist
sein Name. Sie haben eine kleine Tochter gehabt. Dieselbe ist aber im März
gestorben. Im Januar sieht seine Frau ihrer zweiten Niederkunft entgegen. Vom Militairdienste
ist Hans gänzlich frei geblieben. August wurde confirmirt im Jahre 1855, und
ging darauf zur See. Er fuhr 2 Jahre von hier, darnach segelte er mehrere Jahre
von Holland, später von Hamburg, und verließ Ostern 1866 die Steuermannsschule.
Jetzt ist er Steuermann auf einer Hamburger Barke. Mit dem jetzigen Briefe fertige
ich auch einen Brief an ihm ab, er wird bald in Monte Video ankommen, also nahe
bei dir lieber Bruder. Sein letztes Schreiben ist von Valparaiso. Schon mehrere
Male ist er in Brasilien gewesen, aber niemals hat er, trotz aller Nachforschungen
eine Spur von dir auffinden können, jetzt kann ich ihn ja dann diese
Freudenbotschaft mittheilen. Jetzt ist dann die Reihe[ilegível] mir, deinen
jüngsten Bruder Claus. Ich verließ die Schule 1857, und lernte alsdann das
Weberhandwerk. Nachdem ich ausgelernt wünschte Vater, daß ich mein Handwerk zu
Hause betreiben möchte, indem er merkte daß sein Ende nicht mehr fern sei. Ich
kam November 1857 nach Hause, und nach Verlauf eines Vierteljahres starb Vater
schon. Nachdem war ich bei unserer Stiefmutter, die aber nicht den Namen
Stiefmutter verdient, denn unsere leibliche Mutter hätte nicht besser gegen uns
sein können.
Carta de 1867
Es war Vaters Wille daß ich seinen Besitz erben sollte, und als
ich mündig war übernahm denselben, und behielt Mutter als Haushälterin. Nachdem
sie 1 ½ Jahre bei mir gewesen verließ sie mich um bei ihrer richtigen Tochter in
Sterup zu wohnen. Ich hatte damals keinen Sinn für heirathen, verpachtete also
meinen Besitz, und wanderte in die Fremde. Ich habe in der Zeit das Nördliche
Deutschland, bis an das Erzgebirge durchwandert, jetzt bin ich in Schleswig in
Arbeit. Aber wirst du fragen, wie bist du mit dem Soldatenstande fertig
geworden. 2 Mal bin ich zur Session gewesen und als Jäger ausgehoben, weil aber
unsere Landesverhältnisse noch nicht ordentlich geregelt sind, so ist die Zeit
bis jetzt vorge[ilegível] und soeben habe ich meinen Schein erhalten, daß ich
in Friedenszeiten vom Militair frei bin, wozu ich sehr fröhlich bin. 1864
hatten wir in unserm Ländchen einen hartnäckigen Kampf, aber keiner von uns
allen hat den Krieg mitgemacht. Dieß ist dann das was ich dir für diesmal von
unserer Familie mittheilen. Ich habe dir meiner Ansicht nach mitgetheilt, so
viel sich auf den 4 Seiten eines Briefbogens thun läßt sollte ich dieß oder
jenes vergessen haben, so werden wir ja fortan in Briefwechsel bleiben. Wir
alle haben Ursache unsern Schöpfer und Erhalter zu danken für seine wunder bare
Führung. Schon seit einem Jahre habe ich Auswanderunspläne ausgebrütet. Jetzt
ist mir dann durch deine Aufforderung lieber Bruder ein neues Feld eröffnet.
Ich bitt daher inständig, mir die näheren Umstände ausführlich zu schreiben.
Besonders möchte ich gerne Aufschluß haben, über die Landesumstände, und über
das Reisen von der Küste in das Land hinein, denn wie ich auf der Karte
gesehen, so bist du weit von der Küste entfernt. Bitte lieber Bruder, und schreibe
mir recht genau was für mich von Wichtigkeit sein kann. So übersende ich dann
[den] diesen Brief mit den innigsten Segenswünschen, möge derselbe[ilegível]
dich bei guter Gesundheit antreffen. Grüße deine liebe Frau, und sei
versichert, daß wir alle in wärmster Liebe deiner gedenken, oftmals habe ich
deinen letzten Brief von Hamburg durchgelesen, aber stets haben wir an dein
Vorhandensein gezweifelt, bis ich Gestern deinen Brief erhielt. So sein dann
schließlich du und deine Familie der Fürsorge des Herrn empohlen,
Herzlich
grüßend
dein Bruder
Claus
* Wegen der Auswanderung
theile ich dir noch mit, daß ich mit Feldarbeiten so ziemlich
bekannt bin.
Claus
* Der alte Fröhlich ist
gestorben. Küster Ley ebenfalls. Pastor Valentiner ist in Leipzig. Pastor
Schmidt ist gestorben. Von August wirst du Brief erhalten aus Monte Video. Ich
werde ihm deine Adresse mittheilen.
* Meine Adresse ist Claus
Schnack
Adr Herrn Damastweber
Wollesen
Langen-Straße N 21 in
Schleswig
* An Hans ist folgende
Adresse Herrn H. C. Schnack Schuhmachermeister in der Gr-Johannes-Straße N 909.
in Flensburg
Colaboração: Julien L. Thiesmann de
Dortmund, Alemanha.